Was kann ich tun?In der Podcastfolge „Wir müssen nicht perfekt sein“ (#59) habe ich mich auf Inspirationsreise begeben und Gregor Butz für ein Interview getroffen. Gregor ist Life-Coach & Organisationsberater bei OriginalWerk, hat sich auf Selbstsorge spezialisiert und dieses Thema grundlegend in Theorie und Praxis erforscht: Vielleicht möchtest du zu Beginn ein wenig darüber erzählen, was dich dorthin gebracht hat, wo du heute stehst? Hat es in deinem Leben so einen AHA-Moment gegeben, der deinen weiteren Weg beeinflusst hat? Ich glaube, es ist immer wieder ein „ins Stehen kommen“ – quasi eine Art Prozess. Denke, dass es bisher viele Momente und Personen waren, die mich in irgendeiner Art und Weise beeinflusst haben. Im Grunde genommen oft auch Situationen, die im ersten Moment ein Hindernis darstellten, wo es im Leben schwer war – und ich diese Situationen bewältigen konnte. Daraus habe ich wieder etwas mitgenommen und etwas über mich gelernt, was mir dann in weiterer Folge geholfen hat einen gewissen Weg zu finden. Ich habe relativ früh, mit 8 Jahren, in Lassee beim Verein bei den C-Knaben, mit dem Fußball spielen begonnen und war ein eher „bummeliges Kind“. Da hatten wir einmal ein Match wo plötzlich jemand hineinschrie: „Tauscht den Butz aus, der ist viel zu langsam!“. Ich muss sagen, objektiv betrachtet hatte er wahrscheinlich recht (lacht), aber es hat mich natürlich sehr gekränkt. Jetzt stellt sich die Frage: "Wie gehst du mit so etwas um?“. Klar, zuerst war ich gekränkt, das hat mich verletzt was der Typ da hineingeschrien hat. Soweit ich mich noch erinnern kann, dachte ich damals „jetzt hau ich den Hut drauf“. Aber dann bin ich zu meinem Vater gegangen und habe ihn gefragt: „Können wir etwas machen? Können wir zu trainieren beginnen?“. Mein Vater war dann so lässig, dass er gesagt hat: „Ja, komm – machen wir etwas!“. Dann haben wir zu trainieren begonnen. Das wurde unser „gemeinsames Ding“ – und mit 14 war ich dann bei der Austria Wien im Fußballinternat. Ich bin damals nicht in die „Opfer-Story, sondern in die „Surviver-Story“ hineingegangen. Natürlich mit Ressourcen von Außen, das war mein großer Vorteil. Und es war gut von mir, zu meinem Vater zu gehen und zu fragen: "Können wir etwas tun?“. So wie es oft im Coaching eine wichtige Frage ist: „Was kann ich tun?“. So hat sich das Ganze „Werkl“ dann weiterbewegt. Geschichten über uns selbstDu hast es schon angesprochen, du bist nicht in die Opfer-Geschichte gegangen und das ist für einen 8-jährigen Buben ganz schön erstaunlich. Ich glaube, das ist auch etwas, was dich in deiner Arbeit antreibt: Die Menschen aus Ihrer Opfer-Geschichte oder aus Ihren Stories, die sie selbst über sich schreiben oder die vielleicht auch jemand anderer über sie geschrieben hat, behutsam herauszuführen. Ja, oft auch verfestigte „Wahrheiten“, die fast schon dogmatisch erscheinen. Wahrheiten, die unhinterfragt bleiben. Letzte Woche hatte ich zum Beispiel einen Kunden im Coaching, der sehr oft davon gesprochen hat, wie Arbeit „zu sein hat, sein muss“, wie Arbeit für ihn „ist“. Arbeit „ist“ für ihn zum Beispiel stark mit Freudlosigkeit verbunden – das ist für ihn ganz normal. Das wiederholt dieser Kunde immer wieder in einer entsprechenden Tonalität. Das macht etwas mit einem. Denn wir Menschen sind Geschichtenerzähler. Wir erzählen uns immer und immer wieder Geschichten – auch über uns selbst. Und diese Geschichten über einen selbst können dann zu „Wahrheiten“ werden. Genau dort ist es meine Aufgabe als Coach, als Rahmengeber, als „hilfreiche Umwelt“ – könnte man sagen - für die Kund*innen Unterschiede „einzustreuen“, „Zweifel zu säen“, zu hinterfragen: „Ist das wirklich so? Was macht dich so sicher, dass das so sein muss?“. Um diese Geschichten ein klein wenig „aufzuweichen“ und dann möglicherweise neue „Story-lines“ einzubauen - gemeinsam! Also nicht von mir, sondern als Angebot von mir neue „Konstruktionen“ gemeinsam zu entwickeln. Wann war es anders?Um bei diesem Beispiel zu bleiben, wann ist diesen Menschen die Freude abhanden gekommen? Geht es in diese Richtung oder sind es Glaubenssätze oder ist das schon mehr, wie du sagst? Ist das schon Dogmatik? Klar gehen wir manchmal ein bisschen in die Vergangenheit. Aber es ist vielleicht gar nicht so wichtig, dass wir die „richtig, richtige Ursache“ finden, warum das so oder so ist. Oft reichen einfach „gute Gründe“. Und „gute Gründe“ können Gründe sein, die es für einen, für die Kundin den Kunden, gut erklären - die es verstehbarer machen. Danach ist es dann eher wichtig zu schauen: „Was ist denn die Sehnsucht?“. Dass wir nach vorn schauen, was sind denn die Wünsche, wie würde sich dieses Wünschenswerte bemerkbar machen? In dieser Phase kann es oft hilfreich sein ein wenig „problemdistanzierend“ zu arbeiten. Wann waren zum Beispiel einmal Ausnahmen von diesen Problemlagen? Da fällt den Kund*innen wieder etwas ein, sie erinnern sich wieder, dass es auch einmal Ausnahmen gegeben hat, wo es anders war - wo es schöner war. Ich habe zum Beispiel mit einem Kunden gearbeitet, der in den ersten 2 Stunden hauptsächlich über seinen Tätigkeitsbereich, seine Aufgaben in seiner Organisation gesprochen hat. In der 3 Stunde hat er dann – ich weiß gar nicht mehr so recht wie wir dort hingekommen sind – über einen Tisch gesprochen, den er einmal „getischlert“ hat. Vorausgehend war eine Ausnahmenfrage (Anmerkung: Ausnahme vom "Problemerleben"), das heißt: „Wann war es einmal anders – egal in welchem Kontext?“. Dann ist er in den Hobbybereich „geswitcht“ und hat erzählt, wie er einen Tisch hergestellt hat - und dieser Mensch hat eine ganz andere „Position“ bekommen. Er ist aufrechter gesessen, er hat gestrahlt, er war von der Gestik und Mimik her plötzlich viel beweglicher. Das ist genau so ein Moment wo man im Coaching gut weiterarbeiten, herausarbeiten kann: Was war da, was dir so eine Kraft gegeben hat, was dir so getaugt hat, was dir so einen Flow gebracht hat? Wie könntest du das vielleicht in andere Kontexte übertragen? Innen- und AußenorientierungDu arbeitest im Coaching, das hast du schon gesagt. Du arbeitest einerseits mit Führungskräften und legst andererseits den Fokus sehr stark auf das Thema Selbstsorge und Selbstwirksamkeit. Wie bist du auf dieses Thema gekommen? Was macht dieses Thema so spannend für dich? Erstens merke ich im Coaching mit Kunden immer wieder, dass diese eine irrsinnig starke „Außenorientierung“ an den Tag legen. Im Sinne von „was müssen sie in ihrer Funktion erfüllen“, das Erfüllen der äußeren Anforderungen. Aus meiner professionellen Haltung heraus bin ich als Coach dazu da ein wenig Unterschiede „einzustreuen“, unterschiedsbildend zu arbeiten. Das heißt, dass ich versuche - zusätzlich zur meistens bereits "gut ausgebauten" Außenorientierung - eine Innenorientierung anzubieten: UND (!). Das heißt, dass der Kunde ein wenig hinschaut: Das will dein Unternehmen, das wollen die Kunden, das will vielleicht die Gesellschaft von dir oder das sind deine Ideen dazu, was die Gesellschaft von dir will oder was du noch für Karriereschritte machen musst, was du noch für Ausbildungen machen musst UND(!) wie schaut es jetzt eigentlich mit dir aus? Was willst du? Das gilt es schön sukzessive aufzubauen und das ist ein Teil der Selbstsorge, in meinem Verständnis, das man so eine Art „Innenorientierung“ aufbaut – ZUSÄTZLICH (!) zur Außenorientierung. Um dann fester, auf beiden Beinen zu stehen: Ein „Innen- und ein Außenorientierungsbein“ zu haben. Weiters habe ich begonnen mich mit dem französischen Philosophen, Diskursanalytiker Michel Foucault zu befassen. Da gibt es ein Buch mit dem Titel „Hermeneutik des Subjekts“, das ist recht anspruchsvoll, aber es geht – es sind Texte aus einer seiner Vorlesungen. In diesen Vorlesungen hat er sich stark mit dem Thema der Selbstsorge beschäftigt und es diskursanalytisch beleuchtet. Ich habe es sehr spannend gefunden, dass die Selbstsorge so ein „ewiges Thema“ ist. Das der Mensch sich, bereits in der griechischen Antike oder in der römischen Kaiserzeit und schon davor, immer wieder mit der Selbstbeziehung beschäftigt hat - mit unterschiedlichen Zweckbezügen und Ausrichtungen. In einem der berühmten Dialoge von Platon (Anmerkung: Alkibiades I/II) zum Beispiel spricht Sokrates mit Alkibiades. Alkibiades ist ein junger Mann, aus dem bürgerlichen Bereich, politisch ambitioniert. Sokrates führt ihn mit seiner speziellen Art und Weise, der sokratischen Vorgehensweise, mit Fragen und hinterfragen (Anmerkung: „Mäeutik“, abgeleitet von der Hebammenkunst) hin zu der Erkenntnis, dass er, bevor er in eine Regentschaft geht, eine Regierungsfunktion übernimmt, schauen sollte, dass er sich um sein Selbst – seine Seele - sorgt. Die Grundaussage ist: Schau mal, dass du dich selbst besser kennst, über dich Bescheid weißt, über deine Muster, mach dich fit, um dann in weiterer Folge überhaupt für andere gut da sein, verfügbar sein zu können. Ja und in der römischen Kaiserzeit der „Soldatenkaiser“ Marc Aurel, der in seinen Selbstbetrachtungen – wie dieses Werk heißt - Tagebuch führt und reflektiert, bis ins kleinste Detail, wie er seine Tage gestaltet, mit sich in den Dialog geht. Das Thema der Selbstsorge hat eine ziemliche Tradition und es ist sehr facettenreich. Beispielsweise im gesundheitspsychologischen Bereich gibt es Ideen dazu, im Sinne von Veränderung von Gesundheitsverhalten oder im soziologischen Bereich und das taugt mir, weil ich da meine vielseitigen Interessen, meine Vielseitigkeit ausbreiten kann. Das kommt dann wiederum meinen Kundinnen und Kunden zu Gute, weil diese an unterschiedlichen Orten andocken können. Teil 2 des InterviewsSelbstsorge-Kompetenz stärkenManchmal kann es hilfreich sein gemeinsam, methodisch geführt, in einem geschützten, neutralen Rahmen seine Selbstsorge-Kompetenz weiterzuentwickeln. Mehr zum Coaching-Angebot von OriginalWerk finden Sie hier. Lust auf Inspiration?Interaktive Kurzworkshops in der Kleingruppe (mit max. 6 Personen) zu relevanten Aspekten der Selbst(für)sorge. Inhaltliche Impulse und praktische Anregungen, etwas zum "mitnehmen" für Ihre aktuellen und zukünftigen Lebens-Anforderungen und Herausforderungen. Aktuelle Termine & Anmeldung unter: www.OriginalWerk.at/Impulse Literaturempfehlungen
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AusrichtungIn diesem Blog verschriftliche ich hilfreiche Impulse im Zusammenhang mit meiner Tätigkeit im Life- & Business-Coaching, Counseling, Sparring: Persönliche Erlebnisse, Inspirationen, konkrete Anregungen für Ihren persönlichen Weg der Selbstsorge und ein gutes Miteinander.
Falls Sie lieber hören, statt lesen - gerne! Ausgewählte Beiträge stehen Ihnen auch im OriginalWerk Podcast "Selbstsorge-Impulse" zur Verfügung. Informationen zum Angebots-Spektrum von OriginalWerk, sowie meinem Hintergrund finden Sie unter:
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